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Das Unglück ist, daß man in den deutschen Zeitungen (aller Parteien!) stets das Gegenteil der deutschen Meinung liest und vom Deutschen selbst, sobald er politisiert, das Gegenteil seiner eigenen Meinung hört.
Hermann Bahr
Nichts ist törichter, als wenn Erwachsene meinen, sich zu Kindern immer erst geistig herabschrauben zu müssen, die meistens selbst viel mehr Lebensernst, Lebenssinn, Lebensmut und ein viel reineres Bedürfnis nach Wahrheit haben, als wer schon nach Gewinn schielen gelernt hat.
Das Leben draußen ist ganz dasselbe geblieben, das Leben bleibt immer dasselbe, nur der Mensch ändert sich mit den Jahren, er wird um so besser, je mehr er durchgebraten wird.
Ein Volk setzt sich zusammen aus seinen Toten, seinen Lebenden und seinen Kommenden.
Wir nennen's Freundschaft, uns eines anderen zu bemächtigen, und da dies doch nie ganz glückt, sind wir immer wieder gekränkt und enttäuscht, wir können es niemals ertragen, daß der andere stets anders ist, wie wir eben überhaupt niemals die Wirklichkeit ertragen können, denn es fehlt ihr für uns an der Uniform.
Jedem wird in diesem Spiel der Welt gerade die Rolle zugeteilt, die gerade die Verlockungen enthält, an denen er, je nach dem er widersteht oder unterliegt, erproben kann, was er wert ist. Vergiß nur nicht, daß du daran, wie du die Rolle spielst, nicht weltliche Macht zu zeigen hast, sondern deine Freiheit von der Welt.
Vielleicht kann überhaupt nur wer liebt, erst geben, lieben ist geben, sich geben, sich ergeben und dies in jedem erdenklichen Sinne von Ergebung.
Indem wir etwas beim Namen nennen, verliert es an Macht über uns.
Die Wahrheit ist eine scheue Geliebte; man besitzt sie niemals ganz.
Deutschland ist nicht nur materiell im Zustand des Ausverkaufs; wir stehen auch mitten in einem schrecklichen Ausverkauf des deutschen Idealismus.
Denn mit Friedensliebe um jeden Preis, der keine Tatkraft zur Seite steht, kommt man nicht durch, jedenfalls schickt sie sich nicht für eine Großmacht, sondern höchstens für einen Vasallenstaat, wo man nichts weiter verlangt als ein knechtisches Stilleben.
Ich kann nicht ohne Klarheit leben.
Die Natur hat uns das Schachbrett gegeben, aus dem wir nicht hinaus wirken können, noch wollen, sie hat uns die Steine geschnitzt, deren Wert, Bewegung und Vermögen nach und nach bekannt werden; nun ist es an uns, Züge zu tun, von denen wir uns Gewinn versprechen.
Gibt's noch Toren, die meinen, das Unrecht aus der Welt schaffen zu können? Es ist unentbehrlich, schon zur Scheidung der Geister: In solche, die vorziehen, Unrecht zu tun, und solche die vorziehen, Unrecht zu leiden. Mit der Erkenntnis dieser Unentbehrlichkeit des Unrechts in der Welt beginnt alle Weisheit; mit der Entscheidung, lieber Unrecht zu leiden als zu tun, beginnt die Liebe.
Durch die Sprache hat sich der Urmensch von den Schrecken der Erscheinungen befreit, sobald das Wort sie fixiert hatte, waren sie gleich nicht mehr so fürchterlich.
Wer berufen ist, hat Angst, wenn seine Stunde schlägt, denn er weiß, welches Opfer sie von ihm verlangt: das Opfer seiner Person um seiner Sache willen.
Ist das ein Naturgesetz, daß politische Parteien desto lauter, je kleiner sie sind?
Gemeinsamkeit ist immer etwas Hinzugekommenes, und wir wissen nicht was.
Daß die Sprache des deutschen Denkers, des deutschen Dichters zwar der Sprache des Volkes ähnlich klingt, aber befremdend und anstrengend für das Volk, daß sie dem Volke von obenher klingt, daß es das Gefühlt hat, dazu stets erst sozusagen den Hut abnehmen zu müssen, das erschwert unter uns jede Verständigung zwischen Geist und Volk.
Es ist sehr schwer, aus der Ferne der Stimme eines einzelnen anzuhören, wie weit sie in seinem eigenen Land trägt.
... denn mit der Gerechtigkeit nehmen es immer nur die Schwachen ernst, während sie von den Starken höchstens gelegentlich als Redeschmuck verwendet wird.
Leonardo malt bald den Dionysos, bald den Johannes, bald die Mona Lisa, doch es wird niemals der Dionysos, noch der Johannes, noch die Mona Lisa, sondern immer dasselbe Lächeln der Seele springt immer wieder daraus auf.
Neuer Geist scheidet nämlich alten nicht aus, sondern saugt ihn auf.
Ein charmantes Kompliment ist ein geglückter Seiltanz zwischen Wahrheit und Übertreibung.
Herr bleibt auch als Knecht der Herr, der Gemeine bleibt gemein, äußeres Schicksal kann der inneren Bestimmung nichts anhaben.
Der Irrtum ist, Charakter sei, keinen Widerspruch in sich selbst zu dulden.
Denn es scheint, daß der Mensch, was er mit Augen sieht, erst dann erblickt, wenn es ihm vorgemalt wird.
An Haaren fehlt es nie, woran alles herbeigezogen wird, außer auf den Zähnen.
Allgemein gefallen, heißt vielen gleichen, mißfallen: eigen sein.
Und merkwürdig sei, daß gerade – je universaler die Weltgemeinschafts und Verbrüderungsgefühle werden, welche in den letzten Jahren viele Autoren von sich aussagen, desto exklusiver die Form und die Sprache wird, in der sie es tun, bald versteht sie nur mehr ein ganz kleiner Kreis von Eingeweihten.
Das sind die Stufen der Erkenntnis: das Leben ein Zweck, das Leben ein Leid, das Leben ein Traum, das Leben ein Ulk, das Leben ein Spiel, das Leben ein Gottesdienst!
Auch mir gilt es für ausgemacht, daß Politik etwas ist, worauf sich kein anständiger Mensch einlassen kann, ohne innerlich beschädigt zu werden.
Wenn ein Mensch immer nur bemerkt, was da ist, und nie das Werdende, so kann er nicht einmal ein leidlicher Politiker sein.
Eine scheue Geliebte; man besitzt sie niemals ganz.
Alles, was wir lesen, sagt uns immer nur so viel, als wir schon selber wissen, denn über alles, wofür wir noch nicht reif sind, lesen wir hinweg, auch beim besten Willen: Bücher können uns eigentlich nur Hebammen sein.
Wer einen Mann erkennen, sein Wesen einsehen will, soll die Frauen betrachten, die er liebt.
Wer so viel Hass, Neid, Verleumdung, Wut, Liebe, Bewunderung und Streit erntete wie Karl May, verdiente es schon um dieser Kraft willen, gehört zu werden.
Die Wahrheit aller Länder ist nur in Dachkammern vorhanden.
Kein Volk will den Krieg, aber jedes hält sich einen Stand, dessen Angehörige den Krieg brauchen, wenn für ihr Gefühl nicht ihr ganzes Leben vergeudet sein soll.
Es hilft uns nichts, das Böse zu verneinen; gegen das Böse hilft uns nur, die Welt so mit Gutem anzufüllen, daß schließlich das Böse keinen Platz mehr hat. Und so hilft es uns nichts, den Krieg zu beklagen; vor dem Krieg schützt uns nur ein Verhältnis der Nationen, in dem sie sich zusammenwirkend alle wohler fühlen als auseinanderstrebend.
Die Generation, deren heißen Atem man im eigenen Nacken verspürt, versteht einen immer am wenigsten, sie lernt man eigentlich nie verstehen, mit ihren Überwindern verständigt man sich dann wieder leicht.
Indem der Einzelne seine Nation in sich auswischt, wird er nicht übernational, er wird nur zunichte.
Das Gefühl braucht Opposition. Wenn man schon aus Liebe heiratet, sollten wenigstens die Eltern dagegen sein.
Lästige Wahrheiten, vor denen man zuerst erschrickt, wird man am besten los, indem man sie gelassen ausspricht. Daher auch der alte Brauch, Gefahren, Schäden, Übel jeder Art zu "besprechen".
Alle Politik, auf welche Grundsätze sie sich berufen mag, wird tatsächlich allein dadurch bestimmt, daß der Mächtige die Macht behaupten, der Ohnmächtige die Macht beschränken will.
Kurz, wir erleben jetzt, wie die gelobte deutsche "Bildung" ihren Schwindel deklariert und sich selber auflöst...
Je mehr ein Mensch weiß, desto weniger ahnt er.
Vielleicht gerade das Genie zeigt uns am deutlichsten, wie klein auch der höchste Mensch ist: in seinen gewaltigsten Augenblicken bringt er es nur allenfalls dazu, der Apparat von Wahrheiten zu sein, deren er selbst sich so wenig bewußt wird, wie der Telegraphendraht etwa der durch ihn rinnenden Nachricht.
Allem Lebendigen ist auch wieder eine Sehnsucht über sich hinaus, ein verwegener Drang, seiner Grenzen zu spotten, eine Lust nach dem Verbotenen beigemischt.
Genie besteht immer darin, dass einem etwas Selbstverständliches zum erstenmal einfällt.