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Durch übermäßiges Lob wird der Autor nicht für übermäßigen Tadel entschädigt. Jenes nimmt das halbe Vergnügen (und gibt weniger als gerechtes Lob) durch die Unvollkommenheit des Lobredners und durch die Erinnerung an die gelobten Vorzüge, deren man eben entbehrt. Überm(äßiger) Tadel verwundet 1) durch Nachsprechen 2) fremde Unvollkommenheit 3) eigne Geneigtheit, ihm zu glauben 4) Gefühl der Beleidigung.
Jean Paul
Leiden sollen läutern, sonst hat man gar nichts von ihnen. Zurückgeschlagen werden sie nicht durch Freude – diese führen sie ergrimmter zurück – sondern durch tapfere Arbeit und Anstrengung.
Jeder Fachmann ist in seinem Fach ein Esel.
Hinter dem Menschen arbeitet und geht ein langsamer Strom – wie die Lava des Vesuvs – der glühend ihn verzehrt und zermalmt, wenn er ihn ergreift; aber der Mensch schreite nur tapfer vorwärts und schaue oft rückwärts, so entkommt er unbeschädigt.
Der weise Apollo wußte nur zu gut, daß nur hungrige Jagdhunde am besten jagen, nüchterne Läufer am geschwindesten laufen, daß ein zaundürrer Pegasus länger als ein schweres Reitpferd bei Atem bleibe, und daß man aus dem Kieselstein das Feuer herausschlagen müsse. Darum stattete er seine Lieblinge (die Dichter) mit Armut aus, verbesserte ihre Seelen auf Kosten ihres Körpers und gab ihnen wenig zu leben, damit sie ewig lebten.
Man genießt und fühlt den Reichtum nur in der Minute, wo man ihn unverhofft bekommt; darauf wird er zur Armut.
Leider sind drei Dinge schwer zu finden und zu geben: einen Charakter haben – einen zeichnen – einen erraten.
Die Verstellung und Eitelkeit durchgreift manche so, daß sie unbewußt es tun und es nicht mehr anders machen können.
Ein großer Schritt zur Tugend ist, daß man nicht alles an sich liebt, seine Kleinigkeiten, Geschmack im Essen etc.
Eine alte Weltdame verehrt eigentlich den jüngsten Menschen mehr, wie den grauesten Greis.
Um den Einsamen schleichen Gespenster.
Es ist eine lebensverwirrende Gewohnheit, daß der Mensch sich das fremde Hassen viel öfter und lebhafter in das Herz hineinredet, als das fremde Lieben, daher er das eine stärker erwidert als das andere.
Den meisten Menschen gilt Bewunderung, Schätzung so viel als Liebe, sie vermengen beide.
Gute Weiber gönnen einander alles, ausgenommen Kleider, Männer und Flachs.
Gedächtnis, Witz, Phantasie, Scharfsinn können sich im Alter nicht verjüngen, aber das Herz vermag es mit sich.
Ein Familienzirkel ist ein Gegengift gegen eine große Stadt; eine Stube voll Kinder ist so gut wie ein Dorf.
Ein berühmter Autor und ein Fürst brauchen nur zu reden, nicht gut zu reden, um zu gefallen.
Eine lange Zeit lernt man darum die Menschen nicht kennen, weil man sie überall für besser hält als sich.
Niemand könnte sich verhaßter und langweiliger machen als einer, der in allen Sozietäten Menschen nur lobte.
Großen Seelen ziehen die Schmerzen nach wie den Bergen die Gewitter. Aber an ihnen brechen sich auch die Wetter, und sie werden die Wetterscheide der Ebene unter ihnen.
Der Dichter gleicht der Saite: Er selber macht sich unsichtbar, wenn er sich schwingt und Wohllaut gibt.
Wenn uns das Böse als Böses Reue macht und nicht als Wirkung der Strafe: warum bereuen wir einen bösen Willen, einen bösen Entschluß, der nicht ausgeführt wurde, nicht ebensosehr als eine böse Handlung?
Jeder Freund ist des anderen Sonne; er zieht und er folgt.
Man sollte eine Sammlung aller Sprachkeckheiten großer Autoren haben, um die Zunge immer mehr zu befreien.
Jeder Mensch glaubt, er sei unter allen der wichtigste, der beste. Aber nur der Narr und der Dummkopf haben den Mut, es zu sagen.
Nicht unser Hirn, sondern unser Herz denkt den größten Gedanken. Unser Herz aber oder unsere Seele oder der Kern unserer Persönlichkeit ist ein Funke aus dem Lebenslichtmeer Gottes.
Jeder Freund hält es für den größten Genuß, dem andern die Wahrheit zu sagen - am Hören findet keiner einen sonderlichen.
Die meisten fangen an, in ihr eigenes Lob zu geraten, wenn man ihnen lange eins erteilt, wie der Hund sich selber mit zu kratzen anfängt, wenn man ihn wohltuend kratzt.
Der rechte Unglaube bezieht sich auf keine einzelnen Sätze und Gegensätze, sondern auf die Erblindung gegen das Ganze.
Die Zeit ist eine Larve der Ewigkeit.
Hat einmal ein Mann alle männliche Tugenden: so verschönert ihn eine kleine weibliche, z. B. Reinlichkeit, unendlich in weiblichen Augen; und so umgekehrt mit Weib.
Der Skeptiker liebt den Orthodoxen mehr als den Heterodoxen.
Keine Frau kann zugleich ihr Kind und die vier Weltteile lieben, aber der Mann kann es. Er liebt den Begriff, das Weib, die Erscheinung, das Einzige.
Man ist gerechter gegen seine Feinde als gegen seine Freunde.
Der Krieg ist der Kaiserschnitt der Menschheit: Er entbindet gewaltsam die Geister.
Der Unglückliche braucht Tätigkeit wie der Glückliche Ruhe.
Mancher ist im Namen eines Lieblingsautors eifersüchtig – freuet sich über jedes Lob auf ihn –, aber bloß, weil er in sich eine Ähnlichkeit mit diesem ahnet.
Die Schwätzer von lohnendem Bewußtsein guter Taten haben wenig getan – sie hätten sie sonst vergessen –, sie hätten sich sonst erinnert, daß die Gewissensbisse mit der Stärke des Gewissens steigen und daß die besten Menschen sich mehr vorwerfen als die schlimmsten.
Er heiratete sie, weil er sie liebte. Sie liebte ihn, weil er sie heiratete.
Schlimme Leute befinden die guten am ersten falsch, weil diese jene nicht bei andern billigen können.
Der Mensch schämt sich der heftigsten Zeichen des Hasses weniger, als der kleinsten der Liebe.
Die Armut und die Hoffnung sind Mutter und Tochter. Indem man sich mit der Tochter unterhält, vergißt man die andere.
In der schönsten Zeit des Vorjünglings wird dem Freunde alles, sogar das scheueste Lieben gestanden; nur höchstens... der Geliebten nicht.
O ihr gedrückten Menschen, wie überlebt ihr Müden es, o wie könnt ihr denn alt werden, wenn der Kreis der Jugendgestalten zerbricht, und endlich ganz unterliegt, wenn die Gräber eurer Freunde wie Stufen zu euern eigenen hinuntergehen, und wenn das Alter die stumme,, leere Abendstunde eines erkalteten Schlachtfeldes ist; o ihr armen Menschen, wie kann es euer Herz ertragen!
Individualität ist überall zu schonen und zu ehren als Wurzel jedes Guten. Ich bin, was ich bin, und werde schwerlich anders.
Eine Frau kann einem die Achtung für ihr Geschlecht einflößen, aber mehrere auf einmal vermindern sie.
Wer Rügen und Strafen mit einem Gefühle austeilt, als bekomme er sie selber, der kann seiner Gerechtigkeit versichert sein.
Weiber sind rein menschlicher, weil der Staat ihnen keine einseitige Bildung aufdringt.
Zum Ziele der Erziehungskunst, das uns vorher klar und groß vorstehen muß, ehe wir die bestimmten Wege dazu messen, gehört die Erhebung über den Zeitgeist. Nicht für die Gegenwart ist das Kind zu erziehen – denn diese thut es ohnehin unaufhaltsam und gewaltsam – sondern für die Zukunft.
An ungebildeten Leuten ärgert einen Eigennutz nicht.