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Das Feigenblatt des Neides ist sittliche Entrüstung.
Karl Kraus
Talent haben – Talent sein: das wird immer verwechselt.
Wenn alle Stricke reißen, erhänge ich mich.
Gehn's, san's net fad!, sagt der Wiener zu jedem, der sich in seiner Gesellschaft langweilt.
Der Nachahmer verfolgt die Spuren des Originals und hofft, irgendwo müsse ihm das Geheimnis der Eigenart aufgehen. Aber je näher er diesem kommt, um so weiter entfernt er sich von der Möglichkeit, es zu nützen.
Psychologie ist so müßig wie die Gebrauchsanweisung für Gift.
Die Mystiker übersehen manchmal, das Gott alles ist, nur kein Mystiker.
Die Gerechtigkeit ist immer gerecht. Sie meint, daß das Recht ohnedies Recht habe; folglich gibt sie's dem Unrecht.
Was zu gunsten des Staates begonnen wird, geht oft zu ungunsten der Welt aus.
Hält man sich die Ohren zu, hört man kein Stöhnen mehr.
Weiber sind Grenzfälle.
Die Moral ist ein Einbruchswerkzeug, welches den Vorteil hat, daß es nie am Tatort zurückgelassen wird.
Ruhm ist, wenn man sonst nichts davon hat.
Den Mangel, daß das Genie einer Familie entstammt, kann es nur dadurch wettmachen, daß es keine hinterläßt.
Der Mann bildet sich ein, daß er das Weib ausfülle. Aber er ist nur ein Lückenbüßer.
Das Geheimnis des Agitators ist, sich so dumm zu machen, wie seine Zuhörer sind, damit sie glauben, sie seien so gescheit wie er.
Solange das Geschlecht des Mannes der Minuend ist und das Geschlecht des Weibes der Subtrahent, geht die Rechnung übel aus: die Welt ist minus unendlich.
Wer von sich selbst spricht, weil kein anderer von ihm spricht, ist lästig.
Um zu glauben, daß Einer das alles gemacht hat, braucht man doch sicher mehr Gedanken, als nur zu wissen, daß er es nicht gemacht hat – ihr Idioten des freien Geistes!
Vieles, was bei Tisch geschmacklos ist, ist im Bett eine Würze. Und umgekehrt. Die meisten Verbindungen sind darum so unglücklich, weil diese Trennung von Tisch und Bett nicht vorgenommen wird.
Die intellektuelle Presse macht dem Schwachsinn des Philisters Mut und erhebt Plattheit zum Ideale.
Es gibt Heuchler, die mit einer unehrlichen Gesinnung prahlen, um unter solchem Schein sie zu besitzen.
Ich bin jederzeit bereit, zu veröffentlichen, was ich einem Freunde unter dem Siegel tiefster Verschwiegenheit mitteile.
Medizinischer Sinnspruch: Was den Vätern alte Hosen, sind den Söhnen die Neurosen.
Wenn die Sinne der Frau schweigen, verlangt sie den Mann im Mond.
Die Phrase ist das gestärkte Vorhemd vor einer Normalgesinnung, die nie gewechselt wird.
Wird in Österreich ein Verfassungsbruch begangen, so gähnt die Bevölkerung.
Wenn Fürsten fallen, pißt der Pöbel geschwind noch aufs Pflaster.
Ein Politiker steckt im Leben, unbekannt wo. Der Ästhet flieht aus dem Leben, unbekannt wohin.
Bald sind es zehn Jahre, dass ich nicht mehr zu mir selbst gekommen bin. Als ich das letzte Mal zu mir kam, gründete ich ein Kampfblatt.
Wir Menschen sind doch bessere Wilde.
Der Philister hält es mit Recht für einen Mangel, wenn man "von sich eingenommen" ist.
In Berlin wächst kein Gras, und in Wien verdorrt es.
Wäre der Inhalt meiner Glossen Polemik, so müßte mich der Glaube, die Menge der Kleinen dezimieren zu können, ins Irrenhaus bringen.
Mein Wunsch, man möge meine Sachen zweimal lesen, hat große Erbitterung erregt. Mit Unrecht; der Wunsch ist bescheiden. Ich verlange ja nicht, daß man sie einmal liest.
Ich war selten verliebt, immer verhaßt.
Wenn der erst wüßte, wie ernst das Leben ist, er würde sich nicht erfrechen, die Kunst heiter zu finden.
Es kommt die Zeit, wo das goldene Vließ vom goldenen Kalb bezogen wird.
Kinder psycholanalytischer Eltern welken früh. Als Säugling muß es zugeben, daß es beim Stuhlgang Wollustempfindungen habe. Später wird es gefragt, was ihm dazu einfällt, wenn es auf dem Weg zur Schule der Defäkation eines Pferdes beigewohnt hat. Man kann von Glück sagen, wenn so eins noch das Alter erreicht, wo der Jüngling einen Traum beichten kann, in dem er seine Mutter geschändet hat.
Einst hatte ein Schuster ein persönliches Verhältnis zu seinen Stiefeln; heute hat der Dichter keines zu seinen Erlebnissen.
Die Außenwelt ist eine lästige Begleitung eines unbehaglichen Zustandes.
Der Ekel findet mich unerträglich. Aber wir werden erst auseinandergehen, wenn auch ich von ihm genug bekomme.
Vor dem Friseur sind alle gleich.
Eine umfassende Bildung ist eine gut dotierte Apotheke; aber es besteht keine Sicherheit, daß nicht für Schnupfen Zyankali gereicht wird.
Am Scheideweg der Worte muss man schwanken, ob dies da besser oder jenes dort. Denn der Gedanke hält nicht immer Wort, jedoch das Wort hält mancherlei Gedanken.
Ein Oppositioneller sein, das heißt ja in Österreich nicht bloß: wollen, was die Regierung nicht will, sondern auch: wollen, wovon man nicht will, daß die Regierung es wolle.
Unter den vielen deutschen Dingen, die jetzt auf -ol ausgehen, dürfte Odol noch immer wünschenswerter als Idol sein.
Raum ist in der kleinsten Hütte, aber nicht in der selben Stadt für ein glücklich liebend Paar.
Es gibt eine Zuständigkeit der Gedanken, die sich um ihren jeweiligen Aufenthalt wenig kümmert.
Die Satire ist fern von aller Feindseligkeit und bedeutet Wohlwollen für eine ideale Gesamtheit, zu der sie nicht gegen, aber durch die realen Einzelnen durchdringt.