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Gut und Blut fürs Vaterland! Aber die Nerven?
Karl Kraus
Was die Lues (Syphilis) übriggelassen hat, wird von der Presse verwüstet werden. Bei den Gehirnerweichungen der Zukunft wird sich die Ursache nicht mehr mit Sicherheit feststellen lassen.
Ich hörte einen angeheiterten deutschen Mann einem Mädchen, das in eine Seitengasse einbog, die humoristisch deklamierten Worte nachrufen: Da geht sie hin, die Schanddirne! Es ist nicht anzunehmen, daß je ein Gesetz zustandekommt, welches erlaubt, deutsche Männer niederzuschießen, die mit einem einzigen Wort den vollständigen Beweis ihrer Unnützlichkeit auf Erden erbracht haben.
Eine Welt von Wohllaut ist versunken, und ein krähender Hahn bleibt auf dem Repertoire.
Nichts ist engherziger als Chauvinismus oder Rassenhaß. Mir sind alle Menschen gleich, überall gibt es Schafsköpfe und für alle habe ich die gleiche Verachtung. Nur keine kleinlichen Vorurteile!
Wer jetzt übertreibt, kann leicht in den Verdacht kommen, die Wahrheit zu sagen. Wer erfindet, informiert zu sein.
Wenn unsere Presse sich als das gäbe, was sie wirklich ist, als Element der capitalistischen Weltordnung wohl sein muß, um wie viel besser stünde es um uns!
Demokratisch heißt jedermanns Sklave sein zu dürfen.
Man tadelte Herrn v. H. wegen eines schlechten Satzes. Mit Recht. Denn es stellte sich heraus, daß der Satz von Jean Paul und gut war.
Sie ist mit einer Lüge in die Ehe getreten. Sie war eine Jungfrau und hat es Ihm nicht gesagt.
Unter Dankbarkeit versteht man gemeinhin die Bereitwilligkeit, lebenslänglich Salbe aufzuschmieren, weil man einmal Läuse gehabt hat.
Sexuelle Aufklärung ist jenes hartherzige Verfahren, wodurch es der Jugend aus hygienischen Gründen versagt wird, ihre Neugierde selbst zu befriedigen.
Die anständigen Frauen empfinden es als die größte Dreistigkeit, wenn man ihnen unter das Bewusstsein greift.
Im Umgang mit der Sprache steht der Schriftsteller vor der Aufgabe, eine allgemeine Dirne zu einer Jungfrau zu machen.
Es gibt Menschen, die es zeitlebens einem Bettler nachtragen, daß sie ihm nichts gegeben haben.
Sich Illusionen machen: da beginnen sie erst.
Die Deutschen sitzen an der Tafel einer Kultur, bei denen Prahlhans Küchenmeister ist.
Der Fortschritt feiert Pyrrhussiege über die Natur.
Wenn Sie klüger werden wollen, dann lauschen sie Mozart.
Wenn die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge einen langen Schatten.
Die Weiber haben wenigstens Toiletten. Aber womit decken die Männer ihre Leere?
Eine schöne Welt, in der die Männer die Erfüllung ihres Lieblingswunsches den Frauen zum Vorwurf machen!
Der Psychoanalytiker ist ein Beichtvater, den es gelüstet, auch die Sünden der Väter abzuhören.
Ist es erlaubt, im Quell der deutschen Sprache ein Fußbad zu nehmen? So sollte ein Labetrunk verboten sein!
Wider besseres Wissen die Wahrheit zu sagen, sollte für ehrlos gelten.
Psychologen sind Durchschauer der Leere und Schwindler der Tiefe.
Ich kenne einen Humorlosen, der immer aufgeregt ist. Er kocht ohne Wasser; das Email stinkt schon.
Vor dem Friseur sind alle gleich. Wer zuerst kommt, hat den Vortritt. Du glaubst, ein Herzog sitzt vor dir, und wenn der Mantel fällt, erhebt sich ein Schankbursche.
Wenn nur einer da ist, der die Presse nicht totschweigt – das weitere wird sich finden.
Der Maler hat es mit dem Anstreicher gemeinsam, daß er sich die Hände schmutzig macht. Eben dies unterscheidet den Schriftsteller vom Journalisten.
Christlicher Umlaut Seit die Lust aus der Welt entschwand und die Last ihr beschieden, Lebt sie am Tag mit der Last, flieht sie des Nachts zu der List.
Eine Frau muß so gescheit aussehen, daß ihre Dummheit eine angenehme Überraschung bedeutet.
Daß Titania auch einen Esel herzen kann, wollen die Oberone nie verstehen, weil sie dank einer geringern Geschlechtlichkeit nicht imstande wären, eine Eselin zu herzen. Dafür werden sie in der Liebe selbst zu Eseln.
Der Ästhet verhält sich zur Schönheit wie der Pornograph zur Liebe und wie der Politiker zum Leben.
Die skurrilste Form, in der sich die Menschenwürde auftut: das empörte Gesicht eines Kellners, dem man geklopft hat, nachdem man vergebens gerufen hat.
Bevor man das Leben über sich ergehen läßt, sollte man sich narkotisieren lassen.
Ihr Gesicht – ein mittelmäßiges Ensemble, in dem die Nase hervorragt.
Seit Heine wird nach dem Leisten: Ein Talent, doch kein Charakter geschustert. Oho, meine Herren, so fein unterscheiden wir nicht! Ein Talent, weil kein Charakter.
Der Nationalismus, das ist die Liebe, die mich mit den Dummköpfen meines Landes verbindet, mit den Beleidigern meiner Sitten, und mit den Schändern meiner Sprache.
Eher gewöhnt sich ein Landpferd an ein Automobil, als ein Passant der Ringstraße an mich. Es sind schon viele Unglücksfälle durch Scheuwerden vorgekommen.
Ich bin nicht für die Frauen, sondern gegen Männer.
Der Gedankenlose denkt, man habe nur dann einen Gedanken, wenn man ihn hat und in Worte kleidet. Er versteht nicht, daß in Wahrheit nur der ihn hat, der das Wort hat, in das der Gedanke hineinwächst.
Einen Roman zu schreiben, stelle ich mir als reines Vergnügen vor. Nicht ohne Schwierigkeit ist es bereits, einen Roman zu erleben. Aber einen Roman zu lesen, davor hüte ich mich, so gut es irgend geht.
Kindspech ist eben das, womit man auf die Welt kommt.
Weil ich den Gedanken beim Wort nehme, kommt er.
Mancher Literat hat die Entschuldigung, daß er unter dem unwiderstehlichen Zwang einer Schreibmaschine handelt. Man glaubt zu diktieren und es wird einem diktiert.
Einer, der Aphorismen schreiben kann, sollte sich nicht in Aufsätzen zersplittern.
Nervenpathologie: Wenn einem nichts fehlt, so heilt man ihn am besten von diesem Zustand, indem man ihm sagt, welche Krankheit er hat.
Es gibt Frauen, die nicht schön sind, sondern nur so aussehen.
Sie haben die Presse, sie haben die Börse, jetzt haben sie auch das Unterbewußtsein.