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Der Zweck des Menschen ist seine Lebensvollendung; daß er sie durch die Selbstbestimmung erreicht, die Verwirklichung seiner Fähigkeiten ist seine Sittlichkeit.
Moritz Carrière
Nicht die Handlung, sondern der Beweggrund bestimmt den moralischen Wert, wer seine Glückseligkeit zum Bestimmungsgrund des Handels macht, der läßt den Willen durch Vorstellungen der Luft und des Genusses beherrscht sein, der bleibt im Eigennutz der Selbstliebe befangen und ist nicht sittlich, auch wenn er recht handelt, denn er tut es nicht, weil es recht ist, sondern weil es ihm Gewinn bringt.
Soll die soziale Frage gelöst werden, so muß das Christentum sich darauf besinnen, das Evangelium der Liebe zu sein, es muß den Widerspruch mit den klar erkannten Gesetzen der Natur und Geschichte in seinen Glaubenslehren aufgeben, vom herrschsüchtigen Priestertum wie von veralteten Satzungen der Doktrin sich entbinden und dem Geiste freier Wahrheit vertrauend in der sittlichen Weltordnung den Willen Gottes erkennen lassen.
Ohne ein besonderes Talent zu dieser oder jener Kunst zu haben, läßt der Dilettant nur den Nachahmungstrieb walten.
Wer die Lust zum Zweck macht, der setzt den Egoismus an die Stelle der Liebe, der hebt den Sittlichkeitsbegriff auf. Seelenfriede, Freude sind Erfolge des sittlichen Handelns, was aus Freude am Guten geschieht, das ist auch gut, die Liebe zur Pflicht vollendet die sittliche Lebensreife.
Es ist eine erstaunliche Tatsache der Erfahrung; wo immer Menschen zusammen sind, da bildet sich sofort eine Gewalt, welche die selbstsüchtige Willkür der Einzelnen dem Zwecke des Ganzen unterordnet. Diese Tatsache ist der Erfahrungsbeweis der sichtlichen Weltordnung.
Wenn die Neigung nicht mit der Pflicht übereinstimmt, so hat sie ihr zu weichen, und die Tugend besteht dann im Kampf und Sieg der Pflicht; und stimmt die Neigung nicht mit dem Pflichtgefühl überein. So ist die Handlung doch nur dann sittlich, wenn und weil sie aus diesem entspringt.
Da Gesinnung und Überzeugung außerhalb des Bereichs des Erzwingbaren stehen, so folgt das Recht der Gewissensfreiheit und ihre Unantastbarkeit in der Rechtsgesellschaft.
Das Schöne ist eine Beseligung des ganzen Menschen, des geistigen und sinnlichen; es befriedigt unsere Vernunft und unser Gewissen, indem es dem Ohr sich einschmeichelt und das Auge labt und ergötzt.
Ein Volk, das sich dem theoretischen und praktischen Materialismus ergibt, wird vom Rade der Geschichte zermalmt, wenn es nicht langsam verwest, denn es gibt seine Seele auf.
Die Abstimmung der Mehrheit ist die gleiche Tyrannei wie der Eigenwille der Despoten. Die Mehrheit der spanischen Gelehrten stimmte gegen Kolumbus, wie die Pharisäer gegen Jesus; hätte es von der Kopfzahl abgehangen, wir hätten kein Christentum und kein Amerika. Am unerträglichsten aber wäre die Tyrannei des Kommunismus, der nur die Arbeit zumißt nach der Elle der Mittelmäßigkeit.
Zur Vollendung des Schönen ist ein Ineinanderwirken von Anschauung, Gefühl und Gedanke nötig.
Der Mensch hat sein Selbstgefühl, und so bald er sein Wesen denkend erfaßt, hält er es für unsterblich. Das bezeugt die Geschichte.
Die Gesinnung der Brüderlichkeit muß in den oberen Ständen lebendig sein, wenn die unteren nicht durch Umsturz, sondern durch Bildung und ehrliche redliche Arbeit emporstreben sollen.
Der Mensch ist nicht frei geboren, sondern zur Freiheit berufen. Denn der Begriff Freiheit ist Selbstbestimmung.
Geist, Charakter, Ansehen, Vermögen begründen stets eine Aristokratie; dem Rechte widerstreitet nur, daß sie eine erbliche Kaste sei, in welcher der Schein an Stelle der Wahrheit tritt.
Nach der Idee das Besondre zu gestalten, ist Sache der Kunst; die Idee nach den verschiedenen Seiten hin denkend zu erfassen, die Idee des Staats, der Kunst, der Menschheit selbst auf Grundlage des Tatsächlichen und Gegebenen kraft der vorausschauenden Phantasie und der schließenden Vernunft auszubilden, ist Sache der Philosophie.
Unsere wahre Geburt ist die Wiedergeburt, die Erhebung über die Natur und Selbstsucht zur Geistigkeit, die sich als ein Glied im Reich der Liebe erfaßt, und das Heil nicht in Außendingen, sondern in der Innerlichkeit der Seele sucht.
Unsere sittliche Selbstbestimmung und damit das Gute würde kaum möglich sein, wenn wir vom Dasein Gottes eine sinnliche oder mathematische Gewißheit hätten, denn Furcht vor Strafe oder Hoffnung auf Lohn würden uns Wollen und Tun bedingen.
Die Not, der Kampf ums Dasein sind die Hebel unserer Entwicklung, das Leid verhütet den Übermut, die Überhebung, die Selbstsucht, oder straft und dämpft sie, Schmerz und Liebe erziehen die Seele.
Nicht jede Tat bloß ist etwas Unwiderrufliches. Auch jeder Gedanke, jeder Entschluß fördert oder hemmt fortan unsere fernere Tätigkeit.
Die Befriedigung der sinnlichen Begierde ist ein Gut für den Menschen, aber ein vorübergehendes, sie hört auf, eines zu sein, wenn sie auf Kosten des Seelenadels oder durch Pflichtverletzung erlangt wird.
Tatsächlich haben wir als das Ergebnis der Forschung von Natur und Geschichte einen Weltplan mit seinen Formen und ineinandergreifenden Gesetzen, wie er nicht das zufällige Werk blinder vereinzelter Stoffe und ihres Wertes sein kann, sondern auf eine göttliche Weisheit hindeutet.
Offenbarung ist das Mächtigwerden und Sichbezeugen des allgemeinen Geistes im einzelnen. Unser Ursprung und unser Urstand ist in Gott, darum können seine Gedanken im Innersten des Gemüts uns aufgehen, und das ist immer der Fall, wo etwas Neues und Großes, etwas Allgemeingültiges in unserem Bewußtsein aufleuchtet, das der Menschheit Bewußtsein erweitert und erhöht.
Nur in der Gemeinsamkeit mit anderen kann der Mensch seine Bestimmung erreichen, kann der Einzelne seine Eigentümlichkeit ausbilden und als selbstbewußtes Glied des Ganzen leben.
Unser Leben ist ein Emporgang, aber ein Schmerzensgang; doch er leitet zum Heil, wenn wir uns mit dem Willen Gottes, mit der Idee des Guten, mit der sittlichen Weltordnung in Einklang versetzen; dann wird es Friede in uns, und wenn im Kampf das Auge bricht, sieht es den Himmel offen.
Der Selbstsüchtige meint selbstherrlich frei zu sein und ist doch nur der Knecht seiner Begierden, die ihn fortreißen. Alle einzelnen Triebe machen sich als die allein berechtigten gelten und walten nacheinander im Gemüte blind und wild, ordnungslos. So zerrüttet der Selbstsüchtige sich selbst und seine Welt.